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Bierprobe

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Stimmt der Geschmack? Ist der Krug gut gefüllt? Bierprobe früher und heute. Von Daniela Schneevoigt  "... und wenn etwas in Bayern im Stande ist, das Volk aufzuregen, selbst Revolutionen herbeizuführen, wie es sich schon tatsächlich zeigte, so ist es der Gehalt oder der festgesetzte Preis des Bieres.“ – Bavaria, 1860.  Steigende Bierpreise sind ein gern und hitzig diskutiertes Thema - nicht nur im Vorfeld des Oktoberfests. Aber bekommt man wirklich gehaltvolles, redlich gebrautes Bier fürs Geld? Ein Instrument aus der Gründungssammlung des Deutschen Museums ist die sogenannte Bierprobe.
###MORE###  Optischer Gehaltsmesser (Bierprobe) von Carl August von Steinheil, München 1842. Steinheils optischer Gehaltsmesser mit Kurventabelle, München 1842. Als sich in den 1840er Jahren aufgrund von Missernten die Getreidepreise und damit auch die Bierpreise erhöhten, entlud sich in München der Unmut der Bevölkerung in gewaltsamen Aufständen, den sogenannten Bierkrawallen. Die bayerische Regierung sah sich zum Handeln gezwungen und beauftragte gezielt Akademiker damit, eine Methode zur Gehaltsbestimmung von Bier zu entwickeln. Zu dieser Zeit war der Physiker und Unternehmer Carl August von Steinheil Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Konservator ihrer mathematisch-physikalischen Sammlung. Im Jahr 1841 stellte er einen optischen Gehaltsmesser für Flüssigkeiten, die sogenannte Bierprobe, vor. Bierprüfung mit dem optischen Gehaltsmesser – So funktioniert das: Detailansicht des Flüssigkeitstanks mit Stellschraube. Detailansicht des Flüssigkeitstanks mit Stellschraube.

Das Instrument war so konstruiert, dass man mit einem Beobachtungsmikroskop mit integriertem Fadenkreuz durch einen Flüssigkeitstank auf einen etwa 2 Meter entfernten Gegenstand blickte. Der Flüssigkeitstank war durch eine Trennscheibe in zwei gleich große Hälften geteilt (siehe Abbildung 2), deren lichtbrechende Wirkungen sich bei Füllung mit Wasser gerade gegeneinander aufhoben. Das Instrument wurde so positioniert, dass der beobachtete Gegenstand in der Mitte des Fadenkreuzes erschien. Wurde dann in eine der Hälften anstelle von Wasser das zu prüfende Bier eingefüllt, so wurde das Licht in Abhängigkeit vom Gehalt des Bieres mehr oder weniger stark gebrochen, und der Gegenstand erschien verschoben. Um das Fadenkreuz und den Gegenstand wieder in Deckung zu bringen, wurde der Winkel des Flüssigkeitstanks mittels einer Stellschraube verstellt. Die Position dieser Schraube war ein direktes Maß für den Brechungsindex des untersuchten Bieres. Bis 1843 optimierte Steinheil das Instrument so weit, dass in Kombination mit einem bereits bekannten Aräometer, einer Senkspindel zur Messung der Dichte der Gehalt an Alkohol und Malzzucker oder der Stammwürzegehalt eines Bieres mit Hilfe von Kurventafeln bestimmt werden konnte. Steinheil war bestrebt seine Erkenntnisse der Allgemeinheit zugänglich zu machen und schrieb: „Ich übergebe daher dieses neue Prüfmittel der Öffentlichkeit in der Hoffnung, dass es dazu dienen werde, bisher nicht leicht nachweisbaren Missbräuchen entgegen zu treten und dem Publikum den Bayerischen Nationaltrunk für volles Geld auch nach vollem Schrot und Korn zu liefern.“  Der Münchener Physiker und Unternehmer Carl August von Steinheil (1801-1870). Vom Brauhandwerk zur Wissenschaft
Steinheils Hoffnung sollte nicht in Erfüllung gehen. Der optische Gehaltsmesser stellte zwar die erste funktionierende physikalische Methode dar, um die chemische Zusammensetzung von Flüssigkeiten zu analysieren und fand großen Anklang in Regierungskreisen. Neben der Kritik von Fachkollegen, die zum Teil eigene Methoden vorgestellt hatten, erfuhr Steinheil jedoch vor allem Ablehnung von den Münchener Brauern - deren Biere er zuvor öffentlich als ‚nicht tarifmäßig‘ getestet hatte. Diese wehrten sich vehement und mit Erfolg  gegen eine Einführung des Gehaltsmessers als amtliche Bieruntersuchungsmethode. In den folgenden Jahrzehnten führte die intensive Beschäftigung mit der Gehaltsbestimmung des Bieres zu einer umfangreichen wissenschaftlichen Erforschung des Gärprozesses. Damit wurde die Basis geschaffen, um in Bayern vom traditionellen Brauhandwerk zur industriellen Bierproduktion zu gelangen.  Steinheils Messmethode wurde - trotz der Startschwierigkeiten - im Laufe der Zeit ausgebaut, um verschiedenste Materialien analysieren zu können: Heute ist sie unter dem Namen Refraktometrie bekannt und wird zur Untersuchung von Bier, Milch und Most verwendet, aber auch zur Echtheitsprüfung von transparenten Edelsteinen. Das Original im Deutschen Museum  Das Deutsche Museum erhielt kurz nach seiner Gründung drei Steinheil-Refraktometer, die 1905 gemeinsam mit der mathematisch-physikalischen Sammlung von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an das Deutsche Museum gestiftet wurden. Wie viele andere Exponate aus der Gründungssammlung verdeutlichen sie die Nähe der Wissenschaft des 18. und 19. Jahrhunderts zu den praktischen Problemen ihrer Zeit. So schrieb schon Steinheil in einem Tagebucheintrag: „Steril ist die Wissenschaft, die nur Wissen schafft. Doch sie wird zur Schöpferkraft, wenn sie durch Wissen schafft.“ Weiterlesen Die Bierprobe finden Sie in der Ausstellung Akademiesammlung in Ebene 1 ausgestellt. Dort befindet sich an der Wand neben dem großen Teleskop eine Vitrine über Carl August von Steinheil. Mehr zu diesem Objekt finden Sie auf dem Portal Deutsches Museum Digital Daniela Schneevoigt ist Kuratorin für Physik, Geophysik, Geodäsie, Maße und Gewichte. Der Blogbeitrag ist eine gekürzte Fassung, die die Autorin für das Buch "Erste Wahl. Erlesene Objekte aus dem Deutschen Museum" verfasst hat, das voraussichtlich 2018 erscheint. Es stellt ausgewählte Meisterwerke, Prototypen, und Massenware aus der Sammlung des Deutschen Museums vor.

Narrische Schwammerl

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Seit Urzeiten versuchen Menschen, den Blick hinter die Kulissen der Wahrnehmung zu werfen. Von Sabrina Landes Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich heute nahezu ausschließlich mit ernsthaften Dingen. In meiner Schulzeit war das ganz anders. Nicht nur, dass zahlreiche Schulstunden aufgrund von Schulstreiks, Demonstrationen oder spontanen Debatten ausfielen - auch mancher Lehrer protestierte auf die ihm jeweils eigene mehr oder weniger suberversive Art gegen die restriktiven Vorgaben der Kultusbehörde. Unvergessen Herr M., mit dem wir ein gesamtes Schuljahr lang auf den Spuren von Carlos Castaneda wandelten. Der amerikanische Ethnologe hatte bei Indianern in Mexiko den Gebrauch „heiliger Kakteen” studiert und seine Erfahrungen in zahlreichen Büchern festgehalten. Herr M. wiederum hatte sich vorgenommen, uns ein Schuljahr lang in diese „andere Wirklichkeit” eintauchen zu lassen, von der mir heute nicht viel mehr erinnerlich ist als ein Faden oder eine Schnur, durch die – so meine ich – der in die andere Wirklichkeit Wandernde mit seinem irdischen Ausgangspunkt verbunden blieb. Möglicherweise war das aber auch alles ganz anders.###MORE### Jedenfalls gab es einige mutige Mitschülerinnen, die die Beschreibungen des Autors zum Anlass nahmen, sich nach dem Unterricht auf die Suche nach dem tieferen Sinn des Lebens zu begeben. Sie zogen sich in düstere, von flackernden Kerzen dumpf beleuchtete und ziemlich verqualmte Jungmädchenbuden zurück, ließen - mangels Peyote-Pilzen, eine mit dem strengst verbotenem Kräutlein H bestückte, tütenförmig gedrehte Zigarette kreisen und unterhielten sich, zu psychedelischer Musik hin- und herschaukelnd, bedeutungsvoll murmelnd über Gott und die Welt. Bald hüllten sie sich in weite Gewänder aus leuchtenden fernöstlichen Stoffen, rochen nach Räucherstäbchen, Moschus und Zigaretten und wussten offenbar Dinge, von denen ich noch nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Jahre später entpuppten sich die halluzinatorischen Erfahrungen Castanedas enttäuschenderweise als reines Fantasieprodukt seines kreativen Geistes. Und trotzdem hat für mich das „Magic Mushroom”, bajuwarisch „narrische Schwammerl” seit der verordneten Castanedalektüre einen seltsamen Reiz. Und nun – fast 50 Jahre nach diesen eindrucksvollen Erlebnissen aus der Schulzeit und ermutigt durch das Thema „Rausch” unserer aktuellen Ausgabe von Kultur&Technik, wagte ich anlässlich eines Pilzseminars im fernen Österreich endlich, die mich seit so vielen Jahren bewegenden Fragen zu stellen: „Verleiht nicht der Fliegenpilz Flügel?” „Könnte ich nicht mittels einer Handvoll Hallimasch auf ganz legale und günstige Art endlich einmal die in der Jugend versäumten Grenzerfahrungen nachholen?” „Ja klar!” meinte der Pilzexperte trocken und hielt mir sogleich einen kapitalen Fliegenpilz zur Verkostung hin. „Probiers aus!” Aber ehe du in andere Wirklichkeiten entschwebst, bekommst du wahrscheinlich höllische Bauchkrämpfe.” Sabrina Landes ist Redaktionsleiterin des Museumsmagazins Kultur & Technik. Sie bloggt regelmäßig zum Erscheinen eines neuen Hefts über ihren ganz persönlichen Zugang zum Magazinschwerpunkt.
Ihre Lieblingsabteilung im Deutschen Museum ist das Mathematische Kabinett. Weil es ein wenig versteckt liegt und man an den kleinen Tischchen stundenlang herumpuzzeln kann.
  • "Wirklichkeit und Rausch. Seit Urzeiten versuchen Menschen, den Blick hinter die Kulissen der Wahrnehmung zu werfen." ist Thema der aktuellen Ausgabe von Kultur und Technik. Ausgewählte Artikel können Sie kostenlos online lesen.
  • Als Mitglied erhalten Sie Kultur&Technik viermal im Jahr kostenlos. Sie können das Magazin auch im Museumsshop auf der Museumsinsel und am Marienplatz kaufen oder online bestellen.

Preisverleihung für Nachwuchsautoren

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Von Traudel Weber Mit ihrer Erzählung „Gehackt“ hat die 13-Jährige Eva Jochum den 1. Preis der Schreibwerkstatt gewonnen, die das Deutsche Museum und der „Amazon ABC Club“ veranstaltet haben. Die Freude über den Preis war groß – der Weg zur Preisverleihung für Eva extra aufregend: Die Familie der Preisträgerin geriet in einen kleinen Verkehrsunfall. Als sie zur Preisverleihung eintraf, hatten die weiteren Preisträger schon ihre Pokale – und Beifall für die vorgelesenen Ausschnitte aus ihren Geschichten – erhalten: Julius Spaniol, (9 Jahre) für seine Geschichte „Kampf der Roboter“ und Tim Sailer (13 Jahre) für „Kyries Moment“. Für Kosmas Kokkinos (11 Jahre), dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, und Famke Heuer (11), die besonderes Engagement bewies, gab es jeweils einen Sonderpreis.###MORE### Die Gäste standen bereits am Buffet, als Eva endlich eintraf. Unter großem Beifall nahm sie ihren Preis entgegen. Nachdem alle Gäste der Siegergeschichte gelauscht, strahlten PreisträgerInnen und Eltern stolz um die Wette. Ein unvergesslicher Nachmittag! Die Geschichten unter dem Motto „Die Welt von morgen“ entstanden im Rahmen eines Ferienworkshops, den Amazon im Deutschen Museum veranstaltete: Die Kinder und Jugendlichen holten sich Inspiration in einer Ausstellung und im Gespräch mit Frank Dittmann, dem Museumsexperten für Robotik, und lernten die Grundlagen des kreativen Schreibens bei Gitta Gritzmann vom Verein „Kinder lesen und schreiben für Kinder e.V.“. Bei der Preisverleihung durften die Teilnehmenden und ihre Familien einen Blick hinter die Kulissen der Geschäftsräume von Amazon werfen, bevor die Jury die besten Geschichten mit Pokalen und Amazon Gutscheinen prämierte. Die Gewinnertexte werden in einem E-Book bei Amazon.de veröffentlicht. Gehackt, von Eva Jochum, 13 Jahre

„Tobi, was hast du mit meinem Hausroboter gemacht?", rufe ich meinem kleinen Bruder wütend zu. Da bemerke ich, dass er mit Sub, unserem Sportroboter, Tennis spielen gegangen ist. Dann warte ich eben, bis er wieder nach Haus kommt.

Vor kurzem lag ich noch auf einer Liege in unserem Dachgarten. Er befindet  sich im 70. Stock des Hochhauses, in dem ich wohne.
Von oben hat man eine großartige Aussicht über New York, die Menschen unter einem sehen aus wie Ameisen. Manchmal beobachte ich stundenlang  die Postdrohnen, die wie ein Vogelschwarm durch die Straßen fliegen, um die
Post zuzustellen.
Weiterlesen
im PDF

Zum E-Book mit allen ausgezeichneten Geschichten: https://www.amazon.de/dp/B076FK4QPG Traudel Weber ist in der Hauptabteilung Bildung für Schulklassenprogramme und Projekte mit Schulen verantwortlich. Sie liebt es, immer wieder neue Blicke auf vermeintlich altbekannte Exponate zu gewinnen - und dafür sind zum Beispiel Geschichten von Jugendlichen super.
Ihr Tipp für den Ausstellungsbesuch: Wer unentschlossen ist, in welche Ausstellung es im Deutschen Museum gehen soll - einfach nachschauen unter deutsches-museum.de/angebote/jugend-im-museum/erfinderpfad . Da gibt es Vorschläge für spannende Touren!

Bücherwelten entdecken!

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Den Lesesaal der Bibliothek kennen Sie ja bestimmt… aber waren Sie schon einmal in unserem beeindruckenden Bücher-Magazin? Haben Sie eine Ahnung, wie ein Buch digitalisiert wird, so dass sein Inhalt elektronisch zur Verfügung steht? Wissen Sie, was für außergewöhnliche und kostbare Werke unser speziell gesicherter Rara-Raum birgt? Wenn Sie wissensdurstig und vergnügungshungrig sind und auch nur eine dieser Fragen mit nein beantwortet haben, dann haben wir etwas für Sie:###MORE### Tag der offenen Tür in der Bibliothek des Deutschen Museums
Samstag, 28. Oktober 2017, 10.00 – 18.00 Uhr
  Ort: Bibliotheksgebäude Eintritt frei An diesem Tag zeigen wir Ihnen im Rahmen von stündlichen Führungen das rund eine Million Medien fassende Magazin, öffnen unbekannte Räume und erläutern Ihnen die Besonderheiten unserer traditionsreichen Bibliothek. Sie wurde zusammen mit dem Museum im Jahr 1903 gegründet und ist heute Deutschlands größte Museumsbibliothek.   In weiteren Kurz-Vorträgen erfahren Sie Wissenswertes über ausgewählte Werke unseres kostbaren und einzigartigen Rara-Bestandes. Selbstverständlich können Sie diese Zimelien auch selbst in Augenschein nehmen, sich vom originalen Charme der historischen Bücher beeindrucken lassen und deren meisterhafte Illustrationen bewundern. Darüber hinaus werden Sie Gelegenheit haben, sich vor Ort anschaulich über die einzelnen Arbeitsprozesse beim Digitalisieren eines Buches zu informieren. Gern beantworten wir Ihre Fragen!   Am Nachmittag wird im Lesesaal ausnahmsweise laut gelesen: Sie sind herzlich eingeladen zu vier Autoren-Lesungen unterschiedlicher Werke mit Bezug zu Naturwissenschaften, Technik und Mathematik. Neben Lesungen, Führungen und Vorträgen erwarten Sie während der gesamten Öffnungszeit Schauvitrinen u.a. über die Arbeit der Bibliotheks-Einbandstelle, ein Bücherstand des Museumsshops und ein Flohmarkt mit mehrfach vorhandenen Publikationen aus der Bibliothek . Der Erlös wird zur Restaurierung historischer Bücher verwendet. Für das leibliche Wohl gibt es Kaffee, Kuchen, Softdrinks und Snacks in der Eingangshalle. Damit auch der vielzitierte homo ludens auf seine Kosten kommt, laden wir Sie ein, am Quiz der Buch-Superlative mit attraktiven Gewinnen teilzunehmen!  
  • Das komplette Programm als PDF .
  • Mehr zur Bibliothek des Deutschen Museums finden Sie auf der Webseite
Werden Sie mit uns für einen Tag Bücherwelten-Bummler/in – Wir freuen uns auf Sie!

Wetterbericht

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Von Gerrit Faust Das Ding macht einen Höllenlärm. Vielleicht sogar ein bisschen zu viel Lärm für die ehrwürdige Bundeskunsthalle: Intendant Rein Wolfs schaut ein bisschen sparsam. Die Besucher, die die Demonstration ausprobieren wollen, brauchen Ohrenschützer. Aber wenn man sich das Deutsche Museum mit ins Haus holt, muss man sich auch nicht wundern, wenn’s ordentlich blitzt und scheppert.###MORE### Das Ding, das da so einen Höllenlärm macht, ist eine Installation mit einem Tesla-Generator. Besucher können ihre Hand in einen Kettenhandschuh stecken – und wenn sie dann ihre Hand Richtung Teslaspule bewegen, zucken Blitze durch den abgesperrten, dunklen Raum und treffen die Hand des Besuchers. Man gibt also quasi einem Blitz die Hand. Es kribbelt ein bisschen, die Luft riecht nach Ozon. Und es ist laut. Vielleicht nicht ganz so laut wie bei der legendären Hochspannungsvorführung des Deutschen Museums, aber immer noch sehr laut. Willkommen in der Ausstellung „Wetterbericht“ – einer Ausstellung mit Wumms. Es ist eine gemeinsame Ausstellung von Bundeskunsthalle und Deutschem Museum. Und wenn man durch die Ausstellung schaut, hat man ein bisschen den Eindruck, da spiele eine Rockband mit einem klassischen Ensemble zusammen. Hier die Blitzanlage, da Bilder von Turner, hier die wuchtigen Magdeburger Halbkugeln, da eine zarte Wolkenskizze von Goethe, hier Skulpturen von Götterbildern, da eine Flasche Küstennebel. Aber wie man ja seit Deep Purple weiß: Fusion von Rock und Klassik kann hervorragend funktionieren. Und ganz viel Spaß machen. Und diese Ausstellung  macht in der Tat viel Spaß.   Ralph Burmester vom Deutschen Museum Bonn, der die Ausstellung zusammen mit Stephan Andrae kuratiert hat, ist besonders stolz auf die perspektivische Vielfalt der Ausstellung: In zwölf Themenräumen wird auf 1500 Quadratmetern in einem Tageslauf von der Morgendämmerung über Sonne, Luft und Meer am Vormittag, Nebel, Wolken, Regen und Wind am Nachmittag bis hin zu Sturm, Gewitter, Schnee und Eis am Abend erzählt. Und zwar aus den Perspektiven von Kunst, Wissenschaft und Technik. Hier gibt es „herausragende Exponate der Mona-Lisa-Klasse“ zu sehen, wie Burmester des nennt – zum Beispiel besagte Magdeburger Halbkugeln von Otto von Guericke, die das  Deutsche Museum ersten Mal für diese Ausstellung auf Reisen schickt. Jene Halbkugeln, die 16 Pferde nicht auseinanderziehen konnten, nachdem die Luft aus ihnen herausgepumpt worden war: ein Meisterwerk zum Thema Luftdruck. Aber man sieht auch die Fußballschuhe, die das Wunder von Bern möglich machten, und Wolkenbilder von Gerhard Richter und John Constable, Skulpturen und Thermometer. Rund 450 Exponate von gut 100 Leihgebern haben die Kuratoren eingesammelt. Impressionen der Ausstellung Was sich anhört wie eine Wundertüte, hat eine gemeinsame Klammer: den Bezug zum Wetter. Und in der Ausstellung wird das Sammelsurium so geordnet, dass es sich zu einer Geschichte zusammenfügt. Zu einer sehr poetischen, schönen Geschichte. Aber es ist eben nicht nur schön, wie man das von reinen Kunstausstellungen kennt. Sondern man lernt auch ungeheuer viel und ist am Ende sehr viel weiser.
Auch, was den Klimawandel anlangt. Kurz vor der Eröffnung war das Sturmtief Xavier über Deutschland hinweggebraust und hatte Schirmherrin Patricia Espinosa von der UN-Klimarahmenkonvention an der Anreise gehindert. Und wenn wir auch Wetter und Klima nicht verwechseln sollten, kann doch die Häufung von extremen Wetterereignissen ein Zeichen des Klimawandels sein. Bei diesem Thema zeigt die Ausstellung übrigens klare Kante. Oder, wie Ralph Burmester sagt: „Bei uns ist kein Platz für alternative Fakten.“ Die Ausstellung "Wetterbericht. Über Wetterkultur und Klimawissenschaft" ist vom 7. Oktober 2017 bis 4. März 2018 in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen. Gerrit Faust leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Museums. Nach seinem Journalistmus-Studium hat er bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet. Zuletzt war er Chef vom Dienst bei der Abendzeitung. Sein Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum:  Vom höchsten zum tiefsten Punkt des Museums. Die Show im neuen Planetarium ist nämlich himmlisch. Und dann - mit beliebig vielen Zwischenstationen - ab in die Tiefe. Denn die Atmosphäre im Bergwerk ist einfach zutiefst bewegend.

Der Ewer streicht die Segel

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Von Dr. Jörn Bohlmann Der Begriff „die Segel streichen“ stammt aus der Zeit, als die Kriegsschiffe der Welt noch unter Segel fuhren. Wenn der Kapitän eines Kriegsschiffes damals in einem Gefecht seine Niederlage einsah und aufgab, ließ er seine Segel bergen; der Seemann sagte, das Schiff würde seine Segel „streichen“.  Denn ohne Segel, das ist klar, ist jedes Segelschiff manövrierunfähig – und war deshalb in einem Seegefecht eine leichte Beute. „Die Segel streichen“ das heißt: „ich gebe auf.“ Vor diesem Hintergrund mag es fachlich nicht ganz korrekt zu schreiben, dass unser Ewer, "die Maria", am Donnerstag, den 21. Oktober 2016 die Segel strich. Denn wenn auch die Segel geborgen sind: aufgegeben wird die Maria nicht.###MORE### Wer unser Museum kennt, kennt die Maria. Sie steht prominent und zentral ganz vorne in der Schifffahrtsabteilung, direkt vis-à-vis des Haupteinganges. Die Maria ist das erste Exponat überhaupt, welches unsere Museumsbesucherinnen und –Besucher sehen, wenn sie beim Einchecken geradeaus in die Schifffahrtsabteilung blicken. Und so soll es auch in Zukunft bleiben. Dass wir das Großsegel und das Besansegel sowie das Großtoppsegel und das Besantoppsegel geborgen haben, ist der Sicherheit des Schiffes und der Sicherheit der Museumsbesucherinnen und -besucher  geschuldet.
Gesetzt wurden die Segel in der Mitte der 1980er Jahre. Damals hatte es in der Schifffahrtsausstellung gebrannt. Gott sei Dank waren die Flammen rasch entdeckt worden, sodass der Schaden begrenzt blieb. Nach einer Reinigung konnten die Segel der Maria wieder gesetzt werden – und wurden seitdem nicht mehr geborgen.  Mehr als dreißig Jahre ununterbrochen unter Segeln ist  durchaus eine stramme Leistung; auch für ein Museumschiff. Die Segel werden geborgen Impressionen: Um die Fallen der Segel zu entlasten werden die Segel geborgen. Zum Vergrößern bitte anklicken. Nicht, dass wir der Segel wegen bekümmert waren. Vielmehr galt die Sorgen dem Tauwerk, mit welchem die Segel hochgezogen wurden - die sogenannten Fallen.   Denn diese Fallen bestehen, stilrichtig für ein Schiff wie die Maria, aus Naturfasermaterial. Und dieses ermüdet bekanntlich im Laufe der Jahre; weshalb es nun  an der Zeit war, die Segel der Maria zu bergen. Denn die vier Segel – Großsegel, Besansegel, Großtoppsegel und Besantoppsegel – sind viereckig geschnitten. Die oberen Kanten dieser Segel sind an Rundhölzer gebändselt. Beim Groß- und Besansegel nennt der Seemann diese Rundhölzer Gaffel – Großsegelgaffel und Besansegelgaffel. Diese Gaffeln sind ein paar Meter lang und werden aus kleinen Baumstämmen gehobelt; weshalb sie einiges an Gewicht mitbringen. An diese Gaffeln werden die oberen Kanten von Groß- und Besansegel gebändselt. Und auch die beiden Toppsegel sind an Rundhölzern befestigt. Diese nennt der Seemann Spieren - Großtoppsegelspiere und Besantoppsegelspiere. An den Fallen der Segel – Großsegelfall und Besansegelfall sowie Großtoppsegelfall und Besantoppsegelfall - hängt deshalb also nicht nur das Eigengewicht der jeweiligen Segel, sondern auch jenes der Gaffeln bzw. Spieren. Nach so vielen Jahren war es nun an der Zeit, die Fallen der Segel zu entlasten – weshalb wir die Segel bargen. Groß- und Besansegel sind nun, stilrichtig, unter ihre Gaffeln gebändselt – aufgetucht würde der Seemann es nennen. Die Toppsegel sind abgeschlagen  - also ganz losgemacht. Sie liegen derzeit an Deck. In den kommenden Wochen bergen wir dann auch noch die beiden Vorsegel; Klüver und Stagfock. Wenn auch diese Segel „unten“ sind, dann sieht die Maria so aus wie damals, als sie an der Pier des Fischmarkts in Hamburg-Altona anlegte, um ihren Fang lebend frisch zu verkaufen. War die Maria bis Dienstagmorgen quasi noch „auf See“, so liegt sie dann bis zur anstehenden Schließung der Schifffahrtsabteilung wie „im sicheren Hafen“ – mit geborgenen Segeln. Aus unserem Archiv: Der Fisch-Ewer "Maria HF 31" Zum Vergrößern bitte anklicken. Wenn in Zukunft, in der zweiten Phase unserer Zukunftsinitiative, die Schifffahrts-
abteilung neugestaltet wieder eröffnet wird – darauf dürfen wir uns jetzt schon freuen - werden auch die Segel der Maria wieder gesetzt werden. Dann „segelt“ sie wieder in unserer Ausstellung - unsere Maria. Und wird weiterhin alle Besucherinnen und Besucher unseres Museums begrüßen – damals wie heute. Versprochen. Dr. Jörn Bohlmann ist gelernter Segelmacher und Holzbootsbauer, fuhr mehre Jahre zur See und arbeitete viele Jahre in verschiedenen Werften und Museen sowohl als Restaurierungshandwerker sowie als wissenschaftlicher Angestellter. Er ist Kurator für Schifffahrt und Meerestechnik am Deutschen Museum.

Reif für die Museumsinsel: Der Apple 1

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Leihgeber Achim Baqué übergibt Informatik-Kuratorin Anja Teuner den Apple 1. Von Gerrit Faust Das Deutsche Museum bekommt einen der ersten PCs der Welt - und er funktioniert tatsächlich noch. Er sieht bei weitem nicht so schick aus wie ein neues iPhone, aber 1976 war er eine Revolution: der Apple 1, entwickelt von Steve Wozniak. Wenn man den Bausatz - ohne Gehäuse - im Laden kaufen wollte, bezahlte man damals 666,66 US-Dollar. Heute legen Sammler oder Museen für einen Apple 1 schon mal bis zu 900 000 US-Dollar auf den Tisch. Jetzt hat das Deutsche Museum den seltenen Computer als Dauerleihgabe bekommen - er ist ab Dezember in der Ausstellung Mikroelektronik zu sehen.###MORE### Der Apple gehört Achim Baqué, einem Software-Entwickler aus Euskirchen, der historische Computer sammelt. Den Apple 1 hat er 2015 von dem Amerikaner Bob Luther gekauft, der über „seinen“ Apple sogar ein Buch geschrieben hat. Luther bekam den Computer wiederum von Joey Copson, der den Rechner im Jahr 1976 bekommen hatte – er war ein Apple-Mitarbeiter der ersten Stunde. Baqué freut sich, dass sein Computer jetzt im Deutschen Museum zu sehen ist: „Bisher lag der Rechner in einem Banksafe in Köln - jetzt können ihn Technikbegeisterte in Augenschein nehmen. Ich wollte, dass er für die Öffentlichkeit sichtbar ist.“ Und warum hat er den Computer dem Deutschen Museum angeboten? Baqué: „Meine Großmutter hat in München gelebt, ich bin als Bub häufig im Deutschen Museum gewesen - und ich war von der Sammlung immer sehr beeindruckt. Ich hatte diverse Angebote, aber das Deutsche Museum war meine erste Wahl.“ Der Apple-1-Rechner, eine Tastatur, das Zertifikat und eine Bedienungsanleitung. Detail des Apple 1. Anja Teuner, Informatik-Kuratorin im Deutschen Museum, erklärt, warum das Objekt so wichtig ist: „Es vervollständigt unsere Sammlung von frühen PCs. Wir haben zwar schon einen Apple 2 hier in der Ausstellung, aber das allererste Gerät von Apple hat natürlich einen ganz besonderen Reiz. Es ist zwar nicht der allererste PC, aber Steve Jobs und Steve Wozniak waren die Ersten, die erkannt haben, dass so ein Gerät auch für den Privatgebrauch überhaupt interessant ist – und das ungeheure Potenzial richtig eingeschätzt.“ 200 Exemplare des Rechners wurden zwischen 1976 und 1977 produziert. Bei den ersten Exemplaren hat noch Steve Wozniak, Steve Jobs Partner, selbst in der Garage von Jobs Eltern Hand angelegt. Das Modell, das das Museum jetzt ausstellt, gehört wohl zu den allerersten 50 Exemplaren - es hat die Seriennummer 22. Weltweit haben knapp 70 Rechner überlebt, aber nur eine Handvoll ist noch funktionsfähig. Wie das Gerät, das jetzt ins Deutsche Museum kommt. Besitzer Baqué kann sich noch gut erinnern, wie aufwendig der Import nach Deutschland war - in den Papieren wird dem Computer „ein geschichtlicher und völkerkundlicher Wert“ bescheinigt. „Und der Dame von der Zollkontrolle am Frankfurter Flughafen entgleiste kurz das Gesicht, als sie vom Wert des Geräts erfuhr“, erinnert sich Baqué. Er hatte den Apple 1 selbst beim Vorbesitzer in den USA abgeholt. Der Generaldirektor des Deutschen Museums, Wolfgang M. Heckl, freut sich sehr, diesen Schatz jetzt ausstellen zu können. „Wir haben ja schon einen der ersten Macintosh-Rechner, den Steve Jobs 1985 persönlich bei uns vorbeigebracht hat. Und jetzt wird unsere großartige Computersammlung um ein weiteres, wichtiges Stück ergänzt.“ Gerrit Faust leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Museums. Nach seinem Journalistmus-Studium hat er bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet. Zuletzt war er Chef vom Dienst bei der Abendzeitung.

Sein Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Vom höchsten zum tiefsten Punkt des Museums. Die Show im neuen Planetarium ist nämlich himmlisch. Und dann - mit beliebig vielen Zwischenstationen - ab in die Tiefe. Denn die Atmosphäre im Bergwerk ist einfach zutiefst bewegend.

Exponate-Tasten in der Schifffahrt

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Von Anja Gritscher Anfassen ausdrücklich erwünscht! Die Hände gleiten über Holz und Stoff, fühlen Form und Material und machen sich so ein Bild von dem, was Jobst Broelmann erzählt. Es ist eine besondere Besuchergruppe, die der Experte an diesem Herbsttag durch die Schifffahrtsabteilung des Deutschen Museums führt, denn die Teilnehmer sind blind.###MORE### Dem Deutschen Museum liegt viel daran, auch geistig oder körperlich behinderten Menschen die Faszination von Naturwissenschaft und Technik zu vermitteln.
Darum werden in regelmäßigen Abständen Führungen für Besucher mit Handicap – von Demenz oder Gehörlosigkeit bis zu Sehbehinderungen - angeboten. Für jede dieser Gruppen wird ein passendes Führungsprogramm für alle Sinne ausgearbeitet - und getestet. Für die Gruppe an diesem Tag in der Schifffahrt stellt Jobst Broelmann zuerst ein neues Ausstellungstück vor, erklärt einiges dazu und versucht Details zu beschreiben, um den Besuchern dadurch noch eine bessere Vorstellung davon zu geben. „Der Fischewer Maria wurde 70 Jahre zur Hochseefischerei genutzt, was man vor allem an dem Zustand des Holzes spürt, es fühlt sich schon sehr abgenutzt an und man kann die Löcher eines Holzwurmes fühlen“. Dabei fällt auf, dass er viel langsamer und lauter spricht als sonst, damit sich die Sehbehinderten an der Akustik besser orientieren können. Um den Rundgang lebendiger zu machen, hat der Kurator auch kleinere Holzschiffe zum Anfassen dabei, anhand derer er Grundlegendes der großen Schiffe veranschaulicht.
Die Besucher tasten sich so von Exponat zu Exponat und stellen immer wieder zwischendurch gut durchdachte Fragen. „Wie wurden die Schiffe damals navigiert? Nur mit einem Kompass?" Ich spüre, wie in meiner eigenen Wahrnehmung, die Einschränkung der Besucher in den Hintergrund tritt - und eigentlich ist es wie immer - unsere Museumsexponate machen Geschichte lebendig und bieten Einstiegspunkte für alle Menschen.  Eine junge Frau, die noch Farben und Formen erkennen kann, sagt plötzlich: „Die Segel sind ja so schmutzig!“ „Und damit hat sie Recht“, erklärt Broelmanm, „denn die Segel wurden überwiegend aus Baumwolle hergestellt. Baumwolle geht ohnehin farblich gesehen ins Gelbliche und da die Segel entsprechend alt sind, ist das nicht verwunderlich.” Natürlich bringt Broelmann seine Gäste nur zu den „offenen“ Exponaten, denn die Vitrinen haben bei einer Tastführung wenig zu bieten. Aber auch so reicht die angesetzte Zeit kaum, um die ganze Abteilung zu erkunden – und die Truppe entschließt sich spontan, die Führung zu verlängern. So geht es nach eineinhalb Stunden noch weiter mit den Fingern über Rümpfe, Taue, Segel und Co. "…und eine Hand für das Schiff" Im Rahmen des Wissenschaftsjahrs 2016/2017 „Meere und Ozeane“ bietet das Deutsche Museum eine Tastführung für sehende und nichtsehende Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung Schifffahrt an.

Termine 2017:
20. Dezember 2017, 10 Uhr
22. Dezember 2017, 14 Uhr

Mehr über die Tastführung Museum für alle: Führungen in Gebärdensprache, Tastführungen und ein Programm für Menschen mit Demenz. Weitere Informationen zu den Führungen finden Sie hier. Anja Gritscher ist Auszubildende in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Fotoblog - die neue Serie

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Hajo Becker (Fotos) und Annette Lein (Text) Von der Fruchtfliege über das Universum bis zum Staatsgast: Das Team vom Fotoatelier hatte schon alles vor der Linse. Der Fotoblog besucht das fünfköpfige Team – vier ausgebildete Fotografen und eine Fotoassistenz – und stellt ausgewählte Bilder vor. Heute: Impressionen von der größten Museumsbaustelle in Deutschland. ###MORE### Der Auftrag die Modernisierung des Museums mit der Kamera zu begleiten heißt fürs Fotografenteam: immer wenn’s besonders spannend wird auf der Baustelle - Helm auf und rüber in die derzeit geschlossenen 20.000 qm des Deutschen Museums. So wurde bereits das Zerlegen von Flugzeugen, das Versetzen des Seenotrettungskreuzers oder das Anrücken besonders großer Baumaschinen dokumentiert. Die Fotos werden für die laufende Arbeit verwendet und auf alle Zeit im Archiv des Museums für die Öffentlichkeit zugänglich bewahrt. In hundert Jahren muten unsere Baustellenfotos so kurios an, wie die der Spatenstich mit deutschem Kaiser und Münchner Gesellschaftsgrößen 1906.  Aber auch heute lässt sich der ganz eigene Charme der Modernisierung auf den Fotos erkennen. Hajo Becker, Leiter des Ateliers, hat aus den vielen hundert Aufnahmen bei seinem letzten Baustellenbesuch eine Auswahl für den Blog getroffen: Schräge Momente, die Schatten der Besucher und die Ästhetik des Abbruchs.  Hier seine Impressionen: Bildergalerie Fotoblog Team Fotoatelier

Unterwegs mit dem Experimentier-Mobil

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Von Susanne Schneider und Sabine Pelgjer Handy, Stativ, Mikro und manchmal auch ein Bücherwägelchen: Mehr „Technik“ brauchen wir eigentlich nicht zum Drehen, unsere kleinen Filme sollen sich ja nicht zur „Wissenschaft“ auswachsen. Uns geht es mit den kurzen Clips vielmehr darum, die große Vielfalt unseres naturwissenschaftlichen und technischen Hauses lebendig zu präsentieren. Und dafür braucht es vor allem Menschen!
###MORE### Die Handwerker, die Kuratoren, die Leute im Ausstellungsdienst oder die wissenschaftlichen Mitarbeiter spielen die Hauptrolle – im Deutschen Museum sowieso und in den Filmen, die wir seit einigen Monaten regelmäßig für unseren Youtube-Kanal und die Website produzieren. Handy und Stativ Kim Ludwig führt vor Beim Filmschnitt An diesem Nachmittag steht Kim Ludwig also in der Abteilung Energietechnik vor  einem großen weißen Kasten. „Die Nebelkammer hier ist eines meiner Lieblingsstücke“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter. Ludwig stellt gerade für das Museum verschiedene „Experimentier-Mobile“ zusammen. Das ist ein kleiner Wagen, immer wieder unterschiedlich ausgestattet für verschiedene Science Shows, die dann direkt in den Ausstellungen stattfinden können.  Das Experiment zur Nebelkammer hat er heute allerdings nicht vor dem Exponat geparkt, sondern in der Museumsgeschichte neben dem berühmten Kernspaltungstisch. „Es geht hier ja um kleinste Teilchen, um kosmische Strahlung“, erklärt er begeistert, und ganz nebenbei gibt es hier auch etwas mehr Platz zum Filmen.   Von Aufregung oder Lampenfieber vor der Handy-Kamera ist bei ihm kaum etwas zu spüren.  „Im Notfall kann man ja schneiden“, schmunzelt er. Und Schnittmaterial sammeln wir an diesem Tag jede Menge: Kim Ludwigs Einführung vor dem großen Original, dann eine Kamerafahrt – mit Stativ auf Bücherwagen - hinüber zum Versuchsaufbau und nicht zuletzt das Experiment selbst, die Nebelkammer für Zuhause. Die "Nebelkammer für Zuhause" Das Experimentier-Mobil ist regelmäßig in den Ausstellungen des Deutschen Museums unterwegs. Diesmal macht Kim Ludwig-Petsch mit Trockeneis und Alkohol kosmische Strahlung sichtbar. Dass die Nachbearbeitung am Rechner dann um ein Vielfaches länger dauert als der gut einstündige Dreh, liegt aber sicher nicht an Kim Ludwig. Die Übung als Science-Showmaster und Erklärer (Abteilung Bildung!) merkt man ihm deutlich an. Unsere Regie-Anweisungen beschränken sich weitestgehend  auf „Und los!“ am Anfang und „Danke!“ am Schluss. Trotzdem haben wir jetzt – wie bei fast all unseren Filmprojekten – das Problem, das wir viel zu viel gutes Material haben. Denn eines unserer Hauptziele ist es, dass die Clips nicht zu lang und damit langatmig werden. Normalerweise peilen wir die Marke von etwa eineinhalb bis zwei Minuten an.  Für die Nebelkammer machen wir aber eine Ausnahme: Allein das Experiment dauert schon mehr als drei Minuten, obwohl wir straffen, wo es nur möglich ist. Dafür geben wir bei der Kamerafahrt mit Zeitraffer extra Gas. Die nachträgliche „Beschleunigung“ ist tatsächlich unser Lieblingsmittel, damit wir möglichst viel in den engen Zeitrahmen packen können. Das funktioniert ganz gut bei den Filmen aus unserer Reihe „Maschinen im Museum“, in der Kollegen aus den Werkstätten ihre Arbeitsgeräte erklären. Wenn man da die Säge oder den Bohrer künstlich ein wenig schneller laufen lässt, bekommt man trotzdem noch ein gutes Bild vom Gesamtprozess. Bei den Exponaten, die wir in einer anderen Serie von unseren Kuratoren vorstellen lassen, geht das natürlich nicht so gut. Da bitten wir unsere Experten schon im Vorfeld: „Möglichst kurz fassen!“  Und das ist bestimmt nicht leicht, gerade wenn es sich eben um „Das besondere Stück“  handelt gibt es natürlich auch besonders viel darüber zu erzählen. Ohnehin ist die Begeisterung unserer Kollegen das schönste an der ganzen Filmerei. Auch wenn so mancher sich vor der Linse nicht ganz so wohl fühlt, wie etwa Kim Ludwig, sie alle zeigen äußerst kompetent und auch ein bisschen stolz, was ihr Bereich zu bieten hat. Und wir zeigen mit unseren kleinen Clips, welche tollen Menschen diesem Museum Leben einhauchen.    Sabine Pelgjer hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz. Jetzt arbeitet sie im Bereich Kommunikation, twittert und postet auf Instagram und facebook Aktuelles aus dem Museum.

Susanne Schneider arbeitet im Bereich Kommunikation, schreibt Pressetexte und betreut die Presse bei Veranstatltungen. Mit dem Handy fängt sie Aktuelles aus dem Museum ein und schneidet Film-Beiträge.

Licht in dunklen Tagen

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Selbstgebasteltes mit Wow-Effekt! Von Annette Lein In der Experimentier-Werkstatt herrscht Adventsstimmung - Leuchtende 
LEDs, Schattenbilder, aufgezeichnete Lichtspuren oder Motive, die ein 
Laser zeichnet: In unserer Advents-Werkstatt können Sie noch bis 17.12. 
ihre ganz individuellen Weihnachtskarten mit Wow-Effekt erschaffen.###MORE### Dabei sein ist nicht alles – entdecken Sie beim Basteln und Ausprobieren ganz nebenbei die verschiedenen Techniken und was 
physikalisch dahintersteckt. Wir wollten wissen, was sich hinter der geheimnisvollen Ankündigung verbirgt und haben die Advents-Werkstatt besucht. Dort haben wir mit Licht gemalt, an Stromkreisen auf Pappkarton getüftelt und ultraviolette Schatten entstehen lassen. Und vor allem eine Menge Spaß beim Tüfteln gehabt!
Die Ergebnisse lassen sich sehen, Weihnachtskarten mit einzigartigen Motiven, die Spaß am Basteln machen und Freude schenken. Eindrücke aus der Advents-Werkstatt Zum Vergrößern ankicken Weihnachtsengel für Anfänger Unser Lieblingsmotiv aus der Licht-Werkstatt ist ein Weihnachtsengel. Sieht einfach aus? Um das Motiv nachzustellen haben wir etwas tüfteln müssen – Hier unsere Testreihe: Zum Vergrößern ankicken Die Experimentier-Werkstatt verwandelt sich alle paar Wochen und bietet immer wieder Neues ...

In der Experimentier-Werkstatt geht es bis 7.1.2018 mit der Lichtkunst-Werkstatt weiter. Wie kann 
man mit Licht malen? Entdecken Sie die verschiedenen Techniken, die dies 
möglich machen und gestalten Sie mit vielerlei Lichtquellen leuchtende 
Schriftzüge, Skulpturen, Familienfotos oder Szenen - ganz nach eigener 
Idee. Annette Lein leitet die Webredaktion und sorgt dafür, dass jeden Freitag ein Blogbeitrag erscheint, der die große Bandbreite der Museumsarbeit und Museumsberufe spiegelt. Hätte sie bei Abgefahren mitkomponiert, dann hätte sie sich von den in Halle III des Verkehrszentrums ausgestellten Skiern inspirieren lassen. Schönere Mobilität gibt's nicht!

Weihnachtsduft in jedem Raum

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Musealer Eigenbau: Unser Vanille-Aroma ist das Größte! Von Annette Lein Fruchtige Orangenschale, kräftige Blaufichtenduft und warmes Vanille-Aroma - so riecht Weihnachten für mich. Die Nase entscheidet mit, wie man sich fühlt  oder ob etwas schmeckt. Denn Aromen werden als Geruch von unserer Nase wahrgenommen. Ein angenehmer Geruch nach Essen regt den Appetit an. Aromen sind essentiell für den Genuss von Speisen. Wir nehmen diese chemischen Verbindungen nicht mit der Zunge, sondern im Wesentlichen über die Nase wahr.  ###MORE### Natürliche Aromen  sind in allen Lebensmitteln enthalten, oft als komplexe Mischungen wie in Erdbeeren oder in Kaffee. Für das Aroma werden Lebensmitteln auch künstlich hergestellte Aromastoffe wie Ethylvanillin zugesetzt. Seit dem 16. Jahrhundert wird Alkohol eingesetzt um die Aromen aus Naturstoffen wie Gewürzen und Kräutern herauszuziehen. Zunächst wurden die gewonnen ätherischen Öle für medizinische Zwecke eingesetzt, bevor sie auch als Duftstoffe eine Bedeutung gewannen.  Ein Aroma besteht nicht aus einer einzigen chemischen Verbindung, sondern ist ein Zusammenspiel von bis zu mehreren Hunderten von chemischen Verbindungen. Man kann sich ein Aroma wie ein Zusammenspiel in einem Symphonieorchester vorstellen. Steht auf einer Lebensmittelverpackung „Aroma“, stammt dieses allerdings nicht aus Naturstoffen, sondern wurde künstlich im Labor hergestellt.  tandglas mit Vanillin von Tieman & Haarman 1874, Badische Anilin- und Soda Fabrik, Ludwigshafen / Rhein. In der Sammlung des Deutschen Museums befindet sich auch das Objekt mit der Inventarnummer 55767. Es ist ein Standglas mit Vanillin von Tieman & Haarmann aus dem Jahr 1874, aus der "Badischen Anilin- und Soda Fabrik, Ludwigshafen / Rhein." F. Thiemann hat das Vanillin entdeckt.  Ausgestellt wird das Objekt ab 2020 in unserer neuen Chemie-Ausstellung - zusammen mit einer Vanilleschote aus Madagaskar und anderen Vanille-Aromen und Extrakten - und natürlich einer Menge spannenden Informationen rund ums Thema. Auch die große Glasampulle findet dann zurück ins Museum - in die Ausstellung Landwirtschaft und Ernährung.  Glasampulle mit Backaroma, Modell 7:1 Inv.- Nr. 2013-0711, Hersteller: Deutsches Museum, 2013 Glasampulle mit Backaroma, Modell 7:1 Inv.- Nr. 2013-0711
Hersteller: Deutsches Museum, 2013 Danke! Vielen Dank an Hajo Becker für die Fotoaktion, an Marcellina Malissek für die Aroma-Informationen.   Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern schöne Feiertage mit genau dem Duft, den Sie sich wünschen.

Gekauftes Glück

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Mr. Wonderful: Wenn Männer genau das sagen, was Frauen gerne hören. Von Annette Lein Ein breites Lächeln, ausgebreitete Arme und ein Knopfdruck auf seinen kleinen Stoffbauch bringt Mister Wonderful mit sonorer Stimme zum Sprechen: „Fußball interessiert mich überhaupt nicht. Schatz, entscheide Du, welchen Film wir heute Abend zusammen ansehen“ - oder „Darling, ich kenne mich hier gar nicht aus, warte kurz, ich frage jemandem nach dem Weg“. Ein süßer Gag, aber definitiv nicht der Mann fürs Leben. Nachdem ich sein vier Sätze umfassendes Programm kenne, hat er seinen Reiz verloren, ist aber für die Tonne zu schade.  ###MORE###  Hatten Sie auch Geschenke unterm Weihnachtsbaum liegen, die im besten Fall niedlich und in jedem Fall sinnlos sind? Meine Kinder lieben Flying Tiger, ein Laden voll von niedlichen Dingen, die niemand braucht, alle im Taschengeld-Preissegment. Will ich die nörgelnde Spaßverderberin sein, die sagt: Das ist Plastik, das geht nach zweimal benutzen kaputt? Glaubwürdig bin ich dabei sowieso nicht, wo ich mir gerne Klamotten kaufe und ein Made in China Telefon benutze? Da sage einer, das Leben als kritischer Konsument wäre einfach.      Vitrine "Gekauftes Glück" im Bereich Produktion und Konsum der Sonderausstellung energie.wenden Unnütze Objekte in der Sonderausstellung zur Energiewende Täglich verführt uns der Markt der Möglichkeiten mit Dingen aus aller Welt, die wir kaufen können. Egal ob Schulkind oder Erwachsener, es ist meist der günstige Preis, der uns zum Kauf anregt, ganz egal ob wir die Dinge am Ende nutzen oder nicht. Dass in all unseren Dingen Energie steckt, vergessen wir beim Einkaufen gerne. Energie wird nicht nur für die Produktion verbraucht, sondern auch für Transport, Gebrauch und Entsorgung.  Seit den 1980er Jahren hat sich das globale Bruttosozialprodukt mehr als versechsfacht. Dennoch ist die Zufriedenheit der Menschen seit dieser Zeit kaum gestiegen. Laut internationalen Meinungsforschungsinstituten steigern Besitz und Geld das Wohlbefinden nur begrenzt. Wesentlich wichtiger sind soziale Beziehungen, Gesundheit, Selbstentfaltung und Mitbestimmung. Aber auch eine intakte Natur, das Miteinander-Teilen und eine nichtmaterialistische Lebenseinstellung sind Bestandteile von dauerhaftem Glück.  Blick in die Vitrine Zuerst wollte ich die beiden Figuren von Mario und Luigi unbedingt haben – doch dann als ich sie endlich bekommen habe, waren die Beiden zum Spielen echt doof und langweilig. Sie waren gar nicht wie aus dem Videospiel. (Carla, 8, München) Mario Zuerst wollte ich die beiden Figuren von Mario und Luigi unbedingt haben – doch dann als ich sie endlich bekommen habe, waren die Beiden zum Spielen echt doof und langweilig. Sie waren gar nicht wie aus dem Videospiel. (Carla, 8, München) und Luigi Wendy – Der jodelnde Flamingo: Der Flamingo war ein Werbeschenk für Abendzeitungs-Abonnenten - ich habe ihn als Redakteur sofort requiriert. Denn er ist nicht nur völlig zweckfrei, sondern auch faszinierend absurd. Wer, bitteschön, kommt denn auf die Verbindung Flamingo/Jodeln? Er sitzt jetzt bei mir zu Hause auf dem Sekretär. Ich lasse ihn manchmal bei Partys jodeln oder erschrecke die Katzen damit. (Gerrit, München) Jukebox Jukebox: Rock 'n' Roll - wer in den Fünfzigern aufgewachsen ist, weiß wovon ich spreche! Was für ein Gefühl, zu den rockigen Klängen der Jukebox zu tanzen! Wie sehr ich mir eine eigene Jukebox daheim wünschte. Leider reichten meine Groschen dafür damals nicht aus… So tanzte der Traum von einer eigenen Jukebox lediglich in meinem Kopf herum. Ende der Siebziger entdeckte ich dann diesen hübschen Kassettenrecorder im Jukebox Style: Erinnerungen an Rock 'n' Roll wurden wieder wach, das nötige Kleingeld hatte ich auch und so schlug ich zu. Daheim kam dann aber schnell die Ernüchterung: Der Sound war grausam, die Kassette leierte und überhaupt kam mal so gar kein Feeling auf! (Brigitte, 65, Starnberg) Flamingo Das liest sich gut, innerlich stimmt man zu, um dann doch das nächste Ding zu kaufen, das man zu seinem Glück zu brauchen glaubt. In unserer Ausstellung energie.wenden steht eine Vitrine mit unsinnigen Objekten. Darin ein jodelnder Flamingo, ein aufwendig aufgemachtes Toilettengästebuch - aber auch eine Jane Austen Gesamtausgabe. Dazu erzählen die ehemaligen Besitzer die persönliche Geschichte hinter dem Erwerb der Gegenstände. In all diesen Dingen steckt Energie, auch in den Unsinnigsten. Um die Energiewende voranzutreiben, müssen wir uns mit unserem Konsumverhalten auseinandersetzen und uns fragen, warum wir diese Dinge kaufen, die wir am Ende nicht gebrauchen. Das Bewusstmachung ist der erste Schritt, um etwas zu verändern. In diesem Sinne: spenden Sie uns ihre unnützen Weihnachtsgeschenke, erzählen Sie uns ihre Geschichte dazu  - und geben Sie damit Anstoß für eine Veränderung.   Zur Aktion Gekauftes Glück
Zur Sonderausstellung energie.wenden

Neue Serie: Die Restaurierung des Glasfaserkleides

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Beginn der Arbeiten am Glasfaserkleid. Foto: Hubert Czech, © Deutsches Museum. Von Charlotte Holzer
In den kommenden Monaten werde ich in einer Reihe von Blogs über die Restaurierung des Glasfaserkleides aus der Sammlung schreiben. Hintergrundinformationen zu dem Kleid können Sie in dem Blog "Sensible Schönheit" von Sabine Pelgjer oder auf der Projekthomepage nachlesen. Im heutigen Beitrag befasse ich mich mit der Frage, wie die Geschichten rund um das Exponat, sichtbar gemacht werden können. Welche Möglichkeiten stehen mir als Restauratorin zur Verfügung? ###MORE### Geschichten dokumentieren Eine Methode Geschichten zu erhalten ist, sie aufzuschreiben und zu erzählen. Bei einem extravaganten Stück wie dem Glasfaserkleid kam es im Laufe der Jahre jedoch immer wieder zur Legendenbildung und zu Übertreibungen. Daher habe ich während der letzten drei Jahre versucht, durch Hintergrundrecherche Klarheit zu schaffen: Als Quellen dienten mir Zeitungsartikel, Werbematerial der Herstellerfirma, der Libbey Glass Company aus Toledo (Ohio) und Museumsdokumentationen im Deutschen Museum bzw. im Toledo Museum of Arts. Durchsehen der Archivalien zu den Glasfaserkleidern in der Abteilung Information Systems des Toledo Museum of Arts. Foto: Timothy Glaza. Charlotte Holzer bei der Untersuchung des Oberteils vom Kleid aus dem Besitz von Florence Scott Libbey. Foto: Timothy Glaza. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Untersuchungen am Kleid aus dem Deutschen Museum sowie der Vergleich mit anderen erhaltenen Ausstellungsstücken und Souvenirs von der Weltausstellung 1893 in Chicago. Trotzdem gibt es bis heute noch einige ungeklärte Fragen, z. B. ob Infantin Eulalia ihr Glasfaserkleid jemals getragen hat. Die Schauspielerin Georgia Cayvan in ihrem Glasfaserkleid, hergestellt von der Libbey Glass Company in Chicago 1893. Courtesy of the Toledo Museum of Arts. Blick in die Abteilung Glastechnik/Spezialglas im Deutschen Museum. Foto: Nils Hanwahr. Ausstellungen vorbereiten Wie Forschungen ergaben, war das Ausstellen von Kleidern aus handgefertigten Glasfasern und Seide ein Phänomen des späten 19. Jahrhunderts: Kunstglasbläser erzeugten auf ihren Reisen und bei Vorführungen die Glasfasern und verarbeiteten sie dann zu Geweben und Flechtbändern. Schneiderinnen, die oft Teil der Glasbläserfamilien waren, fertigten die kostbaren Gewänder an. Das bedeutet, die Stücke waren von Anfang an dafür gedacht, einem zahlenden Publikum vorgeführt zu werden. Das Kleid im Deutschen Museum konnte diesen Zweck jedoch seit Jahren nicht mehr erfüllen, da es zu instabil war, um ausgestellt zu werden. Dennoch wollte man in der Dauerausstellung Glastechnik nicht auf einen Hinweis zu dieser frühen Form der Glasfaserverarbeitung verzichten. Vielleicht entdecken Sie das Bild von dem Kleid schon bald bei einem Ihrer nächsten Besuche.   Exponate restaurieren Glasfaserkleidern wohnt eine Anziehungskraft inne, die auf der Wirkung einer ungewöhnlich glänzenden Oberfläche und dem Reiz einer flexiblen, gläsernen Faser beruht. Das Stück im Deutschen Museum bestand ursprünglich aus einem reich verzierten Oberteil und einem bodenlangen Rock mit Fransen und Rüschen. Der Rock ist erhalten, erinnert im derzeitigen Zustand aber nur entfernt an das eindrucksvolle Ausstellungsstück früherer Tage. Das Ziel der Restaurierung ist, die Lesbarkeit des Rockes zu verbessern: Zunächst sind die schädigenden Staubauflagen und Abbauprodukte von den Materialien zu entfernen. Dabei wird die glänzende Oberfläche der Fasern wieder erlebbar. Um die charakteristische modische Silhouette des Rockes zu rekonstruieren, ist eine Stabilisierung der Textilien vorzunehmen und ein passgenauer Unterbau anzufertigen. Auf dieser Stützkonstruktion soll der Rock in Zukunft aufbewahrt, transportiert und sogar ausgestellt werden. Die verwendeten Restauriermaterialien werden auf ihre Eignung für die Langzeitlagerung von Glas und Seide geprüft. Detail vom Kleid der Infantin Eulalia: geflochtene und mit Seide verwebte Glasfasern. Foto: Hubert Czech, © Deutsches Museum. In meinem nächsten Blog werde ich von den Methoden zur Reinigung der Glas- und Seidenfasern berichten. Die weiteren Schritte sind dann die Stabilisierung und die Anfertigung einer Unterkonstruktion für die Aufbewahrung und Ausstellung des Rockes. Charlotte Holzer schreibt ihre Doktorarbeit an der TU München zur Geschichte und Restaurierung von Glasfasertextilien. Seit 2015 nutzt sie dafür die Infrastruktur der neuen Abteilung Restaurierungs-
forschung im Forschungsinstitut des Deutschen Museums. Sie hat Textilrestaurierung an der Universität für angewandte Kunst in Wien studiert. Während der Ausbildung sammelte Charlotte Holzer Erfahrung im Umgang mit historischen Textilien u. a. im Technischen Museum Wien, im British Museum in London und im Bayerischen Nationalmuseum München. Durch das “Rakow Grant for Glass Research” konnte sie 2016 einige Wochen im Restaurierungsatelier des Corning Museum of Glass verbringen.


Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Bei den Vorführungen am Glasbläserstand kann man jeden Tag die „Arbeit vor der Lampe“ erleben; jene Technik also, mit der historische Glasfasern hergestellt wurden

200 Jahre Radfahren

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Von Sabine Pelgjer Als Karl Freiherr von Drais im Sommer 1817 zum ersten Mal sein berühmtes Laufrad erprobte, trat er eine Bewegung los, die gerade wieder viel Schwung in die Mobilität der modernen Gesellschaft bringt. Das Patent, das sogenannte „badische Privileg“ für sein Ur-Radl erhielt Drais am 12. Januar 1818. ###MORE### Karl Drais, Portrait eines unbekannten Künstlers, 1820 So kam es dazu, dass ein Handwerker, wie der Londoner Kutschenbauer Denis Johnson 1819 Zweiräder als „hobby-horses“ patentieren ließ und verkaufte, ohne Drais an den Gewinnen zu beteiligen. Auch in Amerika wurden Laufmaschinen gebaut und gefahren. Schätzungen zufolge sind weltweit in den Jahren nach der Einführung der Drais’schen Laufmaschine zwischen 5.000 und 10.000 solche Räder gefertigt worden. Dabei gilt in der Wissenschaft als sicher, dass die Laufmaschine von Drais das früheste durch Quellen nachgewiesene fahrtüchtige Zweirad ist. Laufmaschine von Karl Drais, Mannheim, 1817 Zu dieser Zeit stand das Patenrecht noch an seinem Anfang. Das Privileg, das Drais vom badischen Hof erhalten hatte, bedeutete, dass niemand seine Laufmaschine ohne seine Erlaubnis nachbauen durfte. Dies galt jedoch nur für zehn Jahre und war auf das Gebiet Baden begrenzt. In Frankreich bekam Drais ebenfalls ein Patent auf das „vélocipède“. Versuche andernorts einen Erfinderschutz zu erwirken scheiterten. Kupferstich zu einem Informationsblatt, mit dem Karl Drais im Oktober 1817 Eigenschaften, Funktionsweise und Möglichkeiten des Erwerbs verschiedener Varianten seiner Laufmaschine veröffentlichte. Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek, 1817 Mit den Auf- und Abschwüngen des Radfahrens in den folgenden 200 Jahren befasst sich die aktuelle Sonderausstellung „Balanceakte“ im Verkehrszentrum des Deutschen Museums, in der auch eine der ersten Laufmaschinen zu sehen ist, deren Fertigung Drais persönlich beauftragt hatte. Der Stellmacher (Wagner) Johann Frey in Mannheim stellte die von Graf Reuttner von Weyl bei Drais georderte Laufmaschine im Herbst 1817 her. Die Plakette an der Lenkstange weist sie als ein Drais’sches Original aus. Weggefährten – Werbeplakate als Zeugen der Zeit Illustration "Lastenfahrrad Stricker, Bielefeld, 1953" Foto "Luftreifen-Fahrrad Victoria „Fire Fly” ca. 1890 " Anzeige "Sicherheitsrad Adler, Frankfurt a.M., 1887 " Dieses Original und weitere Exponate aus dem Bereich „Karl Drais und seine Zeit“ bilden den Auftakt zu den „Balanceakten“ in Halle I. Drei Schwerpunkte hat die Sonderausstellung: Technik und Wirtschaft, Kultur und Sport, Mobilität und Verkehr. „Laufmaschine und Fahrrad sind ja ursprünglich nicht als Verkehrsmittel genutzt worden, sondern waren Abenteuermaschinen", sagt Bettina Gundler, Leiterin des Verkehrszentrums und eine der Kuratorinnen der Ausstellung. Sie fasziniert besonders an den „Balanceakten“, welchen gesellschaftlichen Wandel man an der Geschichte des Fahrrads zeigen kann: Von einem Vergnügen für Reiche wurde es in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zum Hauptverkehrsmittel für die Bevölkerung. Dann drängte die Motorisierung das Zweirad ins Abseits. Heute ist es wieder auf der Überholspur - als Alltagsverkehrsmittel und manchmal auch Weltanschauungs-Fortbewegungsmittel. Davon zeugen auch die Exponate: Das ursprüngliche von Drais entwickelte Laufrad war eine Kuriosität - heute werden Lastenräder als stadttaugliche Alternative zum Auto eingesetzt, und wer es sich denn leisten kann und mag, fährt teure Luxusräder. Dabei sind die „Balanceakte“ natürlich nicht nur zum Anschauen: Besucher können vor Ort auch ausprobieren, wie ein Laufrad funktioniert – oder sich im Wettstreit auf den Energierädern auspowern. Bildergalerie: Blick in die Ausstellung Tipp: Immer samstags und sonntags um 15 Uhr gibt es Übersichtsführungen durch die Ausstellung „Balanceakte – 200 Jahre Radfahren“, die noch bis 22. Juli 2018 im Verkehrszentrum gezeigt wird. Sabine Pelgjer hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz. Jetzt arbeitet sie im Bereich Kommunikation, twittert und postet auf Instagram und facebook Aktuelles aus dem Museum.

Kein Lärm um Nichts

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Von Sabrina Landes In Shakespeares intrigenreicher Komödie „Viel Lärm um Nichts“ gibt es jede Menge Geklapper und Gewese um Alles und Nichts. In diese Richtung inspiriert hatte die Redaktion insgeheim darauf gehofft, mit einem Themenheft über „Nichts“ einmal so richtig anzuecken und für ein wenig Lärm zu sorgen. Das Thema erschien uns wie sonst kaum etwas geeignet,  die Gemüter unserer Leserinnen und Leser zu erhitzen – zumindest solange es nur als große Nichtswolke in unseren Köpfen waberte und uns mit dem süßen Gefühl von Subversion erfüllte. Zu unserem Bedauern waren die pünktlich zum Redaktionsschluss eingehenden Beiträge wie gewohnt sachorientiert. Immerhin erlaubte sich Christian Sicka seinem Artikel über das Vakuum eine fantastische Geschichte mit grausigem Ausgang voranzustellen, was uns halb mit Nichts versöhnte. Ganz in unserem Sinn entwickelte sich aber schließlich ein von uns zunächst kaum beachteter Beitrag über das „No-Show-Museum“. Ein Museum des Nichts, das das Nichts sehbar und erlebbar macht … Unmöglich? Aber wahr!###MORE### © No Show Museum, Andreas Heusser Das Museum selbst, also quasi die Hülle für die zu zeigenden Objekte, gibt es tatsächlich. Es ist also nicht Nichts sondern Etwas. Es handelt sich um einen schwarzen Bus, mit weißem Interieur, der sich zur Zeit auf Tournee durch Südamerika befindet. Ob in diesem Bus etwas über Nichts gezeigt wird oder ob nur nichts gezeigt wird, konnten wir bis zuletzt nicht herausfinden. Nun stellte sich natürlich auch für uns die Frage, ob wir ein Museum, das es womöglich gar nicht gibt und das – wenn es real sein sollte – Nichts zeigt, allen Ernstes unseren Leserinnen und Lesern vorstellen dürfen. (Gar nicht so einfach mit der Subversion: Die Idee davon fühlt sich wohlig an, aber nur solange sie nicht durch den Gedanken an kritische Leserbriefe überlagert wird.) Wir haben dann aber doch sämtliche Bedenken mutig beiseite gewischt – und wurden erneut enttäuscht: Wieder nichts. Keine Reaktion. Einfach gar nichts. Keine bösen Briefe, keine guten. Dabei – liebe Freundinnen und Freunde des Deutschen Museums – lässt sich doch gerade über Nichts so wunderbar philosophieren. Seiten können gefüllt werden mit nichts als Nichts. Wir freuen uns nach wie vor auf Ihre Zuschriften. Sabrina Landes ist Redaktionsleiterin des Museumsmagazins Kultur & Technik. Sie bloggt regelmäßig zum Erscheinen eines neuen Hefts über ihren ganz persönlichen Zugang zum Magazinschwerpunkt.
Ihre Lieblingsabteilung im Deutschen Museum ist das Mathematische Kabinett. Weil es ein wenig versteckt liegt und man an den kleinen Tischchen stundenlang herumpuzzeln kann.


  • "Nichts" ist Thema der aktuellen Ausgabe von Kultur und Technik. Ausgewählte Artikel können Sie kostenlos online lesen.
  • Als Mitglied erhalten Sie Kultur&Technik viermal im Jahr kostenlos. Sie können das Magazin auch im Museumsshop auf der Museumsinsel und am Marienplatz kaufen oder online bestellen.

Fotoblog: Musik liegt in der Luft

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Was macht die Parmesanreibe auf diesem verführerisch geschwungenen Instrumentenkörper? Hubert Czech (Fotos) und Annette Lein (Text) Der Fotoblog zeigt heute, wie die Kamera Geschichten von Museumsobjekten erzählt und sich dabei Geheimnisse lüften. Ungewöhnliche Musikinstrumente hatten die Fotografen im Atelier. Wie eine Knopfgriff-Harmonika gespielt wird, okay - aber wie bitte hält man das Mélophone und was bitte schön ist eine Harmoniflute? ###MORE###   Dem musikhistorischen Laien sind diese Instrumente weniger bekannt als Cello, Trompete oder Klavier. Für ein aussagekräftiges Bild muss der Fotograf wissen, wie mit diesen Preziosen Klänge erzeugt werden, wie das Instrument gehalten und gespielt wurde. Dazu liefert die Musik-Kuratorin Fachwissen, alte Stiche oder Fotografien. Mit Neugier, Gefühl und Aufnahmetechnik entstehen Fotos, die mehr zeigen, als das Auge sieht Mélophone Das Mélophone (Inv-Nr. 5407) wurde auf den Oberschenkel gestellt, mit einer Hand am Griff gehalten, mit der anderen Hand gespielt. Wie die Töne erzeugt werden zeigt die Fotoserie. Knopfgriff-Harmonika Ist sie nicht schön? Die Knopfgriff-Harmonika lässt sich leicht auseinandernehmen. Sie überzeugt durch schönes Design, das sich vor allem im letzten Bild zeigt. (Inv-Nr. 1977-922) Harmoniflute Die Harmoniflute ist klein und kompakt, klingt wie eine Harmonika, erzeugt Ton nur beim Ausziehen des Balgs und weckt einen unbedingten "Will-ich-haben" Reflex. Piano-to-go, für alle, die im Sommer gerne an der Isar Musikmachen.    Alle diese Instrumente werden in der neuen Ausstellungen Musikinstrumente gezeigt, die 2020 eröffnet wird. Derzeit ist ein kleiner Teil der Musikinstrumente im 2. Obergeschoss zu sehen: Elektrophone und Musikautomaten. Am besten im Rahmen der (fast) täglichen Führung zu sehen, bei der einige Instrumente zum Klingen gebracht werden. Auch ein Theremin ist dort ausgestellt: Ausprobieren erwünscht. Mehr zu der Ausstellung Musikinstrumente Team Fotoatelier Von der Fruchtfliege über das Universum bis zum Staatsgast: Das Team vom Fotoatelier hatte schon alles vor der Linse. Größere Exponate werden direkt in den Ausstellungshallen fotografiert, kleinere Ausstellungsstücke werden ins Atelier gebracht, um hier unter besten Beleuchtungsbedingungen aufgenommen zu werden. Der Fotoblog besucht regelmäßig das fünfköpfige Team – vier ausgebildete Fotografen und eine Fotoassistenz – und stellt ausgewählte Bilder vor.  Fotoblog,  Teil 1: Impressionen von der Baustelle

Verfehlte Bildungspolitik

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Den Farben des Lichts hat vor 200 Jahre ein armer Bub aus Straubing ihr Geheimnis entlockt. Von Annette Lein
mit vielen Textpassagen aus Jürgen Teichmanns Buch "Geheimcode der Sterne"
Joseph Fraunhofer, 1787 als elftes und letztes Kind seiner Eltern in Straubing geboren, war nach deren frühen Tod 1799 zur Lehre als Spiegelmacher und Zieratenglasschleifer nach München gegeben worden in das Haus eines Glasermeisters. Dieses Haus, ganz in der Nähe des Marineplatzes, brach bei Renovierungsarbeiten im Juli 1801 plötzlich zusammen. Das Ereignis bewegte ganz München. Es wurde in Zeitungsnachrichten und ausführlichen Polizeiberichten festgehalten. Was vor allem bewegte: man konnte noch Menschenleben retten. ###MORE###  Das Ölgemälde von Rudolf Wimmer aus dem Jahr 1905 hängt im Ehrensaal des Deutschen Museums. Es zeigt Joseph von Fraunhofer mit einem Prisma in der Hand neben seinem Spektralapparat, mit dem er die dunklen Linien im Sonnenspektrum entdeckte und ihre Lage bestimmte. Joseph von Fraunhofer, Ölgemälde im Ehrensaal des Deutschen Museums Nach einigen Stunden Arbeit zog man den Lehrling Joseph Fraunhofer relativ unverletzt aus einem Hohlraum des Trümmerhaufens.  Möglicherweise hätten wir nie etwas von Fraunhofer gehört, wenn nicht dieses Unglück geschehen wäre, das sogar den Landesvater auf den Plan rief. Josephs Meister hatte ihm jegliche Fortbildung über sein Spiegelmacherdasein hinaus verboten. Er durfte in seiner fensterlosen Kammer kein Licht machen, um etwas zu lesen. Selbst die Feiertagsschule, die das aufgeklärte Bayern gerade eingerichtet hatte, um Lehrlinge am Sonntag zu unterrichten, durfte er nicht besuchen.  All das änderte sich nach dem Hauszusammenbruch: Joseph erhielt vom Kurfürsten eine große Summe Geld. Er hatte der Hofgesellschaft in Nymphenburg von seinen angstvollen Stunden unter herunter gebrochenen Holzbalken und Steinen erzählt. Er durfte nun auch in die Schule gehen und bekam Kontakt zu Fachleuten. Sarkastisch könnte man formulieren: Nur unter drei Bedingungen hatte ein armer Bub Chancen im bayerischen Bildungswesen weiterzukommen. Es musste ein Haus zusammenbrechen und ihn begraben. Er musste das Unglück überleben. Und der Kurfürst persönlich musste sich dafür interessieren.  Fraunhofer nutzte seine Chance. Er war nicht der beste Schüler, bildete sich aber privat zäh und ehrgeizig fort, nicht nur in Zieratenglasschneiderei, sondern in allen Bereichen technischer und mathematischer Optik. Schwarze Striche durchziehen das Sonnenspektrum. Eines der beiden farbigen Original-Blätter mit den Fraunhofer-Linien aus dem Archiv, die jetzt zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden. Eines der beiden farbigen Original-Blätter mit den Fraunhofer-Linien, das in der Ausstellung erstmals gezeigt wird.   Joseph Fraunhofer sah zum ersten Mal die große Vielfalt dunkler Linien im Sonnenspektrum – mehrere hundert.  Er entdeckte die dunklen Sonnenlinien mit einem umgebauten Theodoliten für Landvermessung und verwendete bessere Glasprismen und raffiniertere Beobachtungstechnik gegenüber anderen Astronomen. Fraunhofer nutzte die Linien als technisch nützliche Messmarken, die seine Brechungswerte nochmals verbesserten. Doch das Geheimnis um die dunklen Linien wurde erst 40 Jahre nach ihrer Entdeckung durch das Ausnahmetalent Fraunhofer von dem Chemiker Bunsen und dem Physiker Kirchhoff entschlüsselt.  Sonderausstellung "200 Jahre Fraunhoferlinien" Science Show "Farben des Lichts" Neu im Programm: Science Show "Die Farben des Lichts" zeigt die Entdeckungen von Fraunhofer in Live-Experimenten zum Mitmachen. Mehr zu den Science Shows Die spannende Geschichte von Fraunhofer , seiner Entdeckung und deren Nachwirkungen bis heute können Sie nachlesen in einem Buch aus dem Verlag des Deutschen Museum. Jürgen Teichmann: Der Geheimcode der Sterne. Eine neue Landschaft des Himmels und die Geburt der Astrophysik. Verlag Deutsches Museum, 2017. Der Autor, Jürgen Teichmann ist auch Kurator der Sonderausstellung "200 Jahre Fraunhoferlinien" , die noch bis 8. April 2018 im Deutschen Museum zu sehen ist. Gezeigt wird die kleine Show in der Ausstellung Akademiesammlung, in der viele Objekte von und zu Joseph Fraunhofer aus der Sammlung des Museums ständig gezeigt werden.    TIPP: Am 4. April 2018 um 14.30 Uhr bietet Jürgen Teichmann eine Führung durch die Sonderausstellung 200 Jahre Fraunhoferlinien . Teilnahme kostenlos. Anmeldung nicht nötig.

Ein Mann und das Meer

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Übersichtskarte von Atlantropa: Gibraltar-Werke mit Damm und Kraftwerk, Neuland, Sahara-Bewässerung, Tunnel für Eisenbahn London – Dakar, Brücke für Eisenbahn Berlin – Kapstadt, Zentralleitung, 1932. Von Matthias Röschner Das Mittelmeer wird teilweise trockengelegt, Europa und Afrika wachsen zu einem Superkontinent zusammen, alle Energieprobleme sind gelöst. Das waren die Hauptziele des Großprojekts Atlantropa. Am bundesweiten „Tag der Archive“ am 3. März 2018 werden erstmals spannende Originaldokumente zum Projekt "Atlantropa" und viele weitere Schätze gezeigt. „Europa – Wissen ohne Grenzen“ lautet das Motto, doch für den Münchner Architekt Herman Sörgel (1885-1952) wäre diese kontinentale Beschränkung noch viel zu eng gefasst gewesen. Sein gigantischer Plan trug den Namen „Atlantropa“ und vereinte technische Utopie mit politischer Vision. ###MORE### Porträtfotografie von Herman Sörgel, ca. 1950. Foto Deutsches Museum Hängebrücke zwischen Sizilien und Tunis. Abb. Deutsches Museum
Kernstück war ein riesiger Staudamm an der Meerenge von Gibraltar, der das Mittelmeer vom Atlantik abtrennen sollte. Sörgel hatte errechnet, dass innerhalb von 100 Jahren der Wasserspiegel um rund 100 Meter absinken würde. Aus Europa und Afrika wäre ein Kontinent geworden, verbunden durch eine Landbrücke zwischen Italien und Nordafrika. Sörgels Plan: In den neu gewonnenen Flächen an den Küstenlinien siedeln sich Menschen aus ganz Europa an, monströse Wasserkraftwerke am Staudamm bei Gibraltar und an den Dardanellen hin zum Schwarzen Meer sowie Sonnenenergie aus der Sahara speisen Strom in ein neuartiges elektrisches Großkraftnetz Europas. Ein künstlich geschaffener zweiter „Nil“ in Westafrika bewässert die Wüste Sahara und macht sie fruchtbar, während der Kongo und der Tschad zu riesigen Binnenmeeren von fast einer Million Quadratkilometern angestaut werden. Ein geopolitisches Projekt der Superlative! Für sein Atlantropa-Projekt konnte Sörgel viele renommierte Architekten, Maler und Grafiker gewinnen, u.a. Peter Behrens, Hans Döllgast, Emil Farrenkamp, Fritz Höger, Hans Poelzig, Heinrich Kley sowie die Brüder Botho und Hans von Römer. Die Presseresonanz war überragend, allein zwischen 1928 und 1933 erschienen rund 470 Artikel im In- und Ausland. Ein Millionenpublikum erreichte auch der Roman „Amadeus“ von John Knittel, der von Atlantropa und seinem Schöpfer handelte. Über Jahrzehnte hinweg verfolgte der selbsternannte „Weltbaumeister“ Sörgel dieses Projekt. Sein Nachlass mit einem einzigartigen Bestand an Zeichnungen, Plänen, Manuskripten und Fotografien befindet sich heute im Archiv des Deutschen Museums. Anlässlich des Tags der Archive werden erstmals herausragende Originale daraus gezeigt. In Filmausschnitten wird das kolossale Projekt zusätzlich den Besuchern lebendig vor Augen geführt „Atlantropa erzeugt Werte“. Abb. Deutsches Museum Stadtbild des „Neuen Tanger“, einem Zentrum von Atlantropa. Abb. Deutsches Museum
Bote mit Schwimmreifen“ von einem anonymen Künstler, aus einem Feuerwerksbuch (illustrierte Handschrift) von ca. 1480. Bote mit Schwimmreifen aus einem Buch von ca. 1480 Programm zum Tag der Archive am 3. März 2018 Regelmäßige Magazinführungen (10, 12, 14 und 16 Uhr) bieten darüber hinaus einen spannenden Blick hinter die Kulissen mit unerwarteten Entdeckungen aus den Beständen des Archivs. Etwa eine illustrierte Handschrift mit dem „ Boten mit Schwimmreifen“ aus einem Feuerwerksbuch aus dem 15. Jahrhundert . Oder die Entwurfsskizze des Dampfhammers „Fritz“ der Stahllegende Alfred Krupp von 1859 . Und Meilensteine der Naturwissenschaft wie das Sonnenspektrum von Joseph von Fraunhofer oder das Laborbuch von Otto Hahn . Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen zum Tag der Archive Das Laborbuch von Otto Hahn. Hier sind Berechnungen zur Entdeckung der Kernspaltung aufgeführt, die Otto Hahn und Fritz Straßmann am 17. Dezember 1938 angestellt haben. Hahn hat die Zahlenkolonnen später noch mit Rotstift kommentiert. Das Laborbuch von Otto Hahn mit Berechnungen zur Entdeckung der Kernspaltung. Das Archiv des Deutschen Museums zählt zu den weltweit führenden Spezialarchiven zur Geschichte der Naturwissenschaft und Technik. Auf 4,7 Regalkilometern werden im Bibliotheksgebäude auf der Museumsinsel zentrale Nachlässe bedeutender Wissenschaftler und Forscher, Handschriften und Urkunden, Pläne und technische Zeichnungen, umfangreiche Archive von Firmen und wissenschaftlichen Institutionen sowie mehr als eine Million Fotografien verwahrt. Ein Mann und das Meer - der Titel unseres Blogbeitrags - stammt aus einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 27. Februar 2018 über das Archiv des Deutschen Museums und andere Münchner Archive: Zum SZ-Artikel Matthias Röschner ist stellvertretender Leiter des Archivs des Deutschen Museums. Er hat Geschichte und Latein studiert und anschließend das Archivreferendariat absolviert. Schwerpunkte seiner Forschungstätigkeit sind die wissenschaftliche Aufbereitung und Digitalisierung der Archivbestände. Mehr zum Tag der Archive 2018

Schauplatz Museum

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Siri war beim Rundgang gleich als Model für die Pressefotografen im Einsatz und musste eine Atlantropa-Grafik für die Kamera hochhalten. Von Siri Müller
Drei Wochen Praktikum im Deutschen Museum – da war ich am Anfang schon ein bisschen nervös. Und auch gespannt, was mich erwartet. Aber um es vorweg zu nehmen: Das Deutsche Museum wurde zu meinem Lieblingsplatz in München. Mein Schulpraktikum sollte mir Einblicke ins Arbeitsleben geben, und genau die hat das Deutsche Museum mir gewährt. So hatte ich die Möglichkeit, mir Vorstellungen über meinen zukünftigen Beruf zu machen. Siri beim Presserundgang im Archiv Dabei hatte ich die Chance, in ganz verschiedene Abteilungen hinein zu schnuppern. Ich war in der Forschungs-
abteilung, in der Robotik-Abteilung, im Ausstellungsdienst, dann bei der Energietechnik-Ausstellung, der Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit und in der Metallwerkstatt. Jede Abteilung hat mich herzlich aufgenommen und hat mir sehr freundlich alles gezeigt, was zu dem Bereich gehört. Ich durfte auch vieles ausprobieren und selber machen. Aufnahme aus dem Ehrensaal, eine weitere Praktikumsstation. In der Forschungsabteilung habe ich die Zeitschriften der "Internationalen Elektrizitätsausstellung 1881 in Paris" gelesen und davon vieles erfahren, was man vielleicht nicht so in der Schule lernt. In der Robotik habe ich an Meetings teilgenommen, mir Pläne für die neue Ausstellung angeschaut und durfte bei der Annahme des Roboters “Sub1Reloaded" dabei sein. Der “Sub1Reloaded” ist ein Roboter, der mit Hilfe von Kameras, die Farben erkennen können, einen Zauberwürfel lösen kann; dieses war für mich ein sehr beeindruckendes Erlebnis.

Im Ausstellungsdienst haben wir den Ehrensaal des Museums inventarisiert und bei den Exponaten nach dem Rechten geschaut. In der Ausstellung Energietechnik haben wir ein Exponat gesäubert, das ein Sonnenenergie-Sammlungsprojekt darstellen sollte; dazu haben wir kleine Reparaturen gemacht.

Bei der Presse- und Öffentlichkeitsabteilung war ich bei einem Presserundgang dabei und habe so auch das Archiv einmal sehen und die Schätze, die sie dort aufbewahren entdecken können. Es wurden die Pläne des Atlantropa-Projekts gezeigt, das Laborbuch von Otto Hahn, der die Kernspaltung entdeckt hat, und viele weitere interessante Objekte.

In der Metallwerkstatt habe ich gelernt, wie man Metall biegt, bohrt und Schrauben einbringt. Ich habe auch selbst eine Metallwanne gebaut, worauf ich sehr stolz bin. Das Modell mit den Solarpaneelen stammt aus der Energietechnik, eine Station in ihrem Praktikum. Auf dem Wägelchen wurde der "Sub1Reloaded", ein Roboter, der den Rubik-Würfel in Rekordzeit lösen kann, ins ZNT gebracht. Was mich am meisten beeindruckt hat war, wie freundlich und hilfsbereit die Mitarbeiter sind, es hat sich auch immer jemand um mich gekümmert und ich habe mich nie alleingelassen gefühlt. Diese Erfahrungen, und alles einmal selbst gemacht zu haben, waren interessante Einblicke in den Museumsbetrieb. Ein tolles Praktikum von dem ich sehr viel mitnehmen werde. Siri Müller ist Schülerin der 10. Klasse des englischsprachigen Zweiges der Internatsschule Schloss Salem am Bodensee. Im Februar 2018 hat sie ein dreiwöchiges Berufsorientierungspraktikum im Deutschen Museum München gemacht.
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